Belvoir Inside: Wie E-Mobilität unser Leben verändert

 

Technologie und Umwelt verändern unsere Gewohn-heiten in den nächsten Jahren in epochalem Aus-mass

Die Schlagzeilen rund um Umweltthemen wie Erderwärmung, Treibhausgase und Klimaziele sind nicht mehr abstrakt. Und auch der Dieselabgasskandal betrifft uns unmittelbar. Innerstädtische Fahrverbote, resultierend aus überhöhten Feinstaub- und Stickstoffdi-oxid-Belastungen, sollen kurzfristig helfen, zumindest die Städte ein wenig sauberer zu halten. Spielt die Umweltbelastung oft noch keine Rolle bei der Mobilität in den Städten, lassen die überquellenden Strassen und Parkräume eine Freude am Individualverkehr nur sehr begrenzt aufkommen. Unser Alltag wird durch den Strassenverkehr belastet. Nicht nur Stickstoffdioxid und Feinstaub, auch der aus dem Verkehr resultierende Stress und Lärm belastet den Menschen mehr und mehr.

Nicht nur im Berufsverkehr staut sich der Verkehr in den Städten

 

Wie geht es weiter?

Von den weltweit rund 70 Millionen neuen PKWs in 2017 wurden 45% in den aufstrebenden Ländern China, Indien, Russland und Brasilien zugelassen. In diesen Ländern herrscht eine hohe Nachfrage nach individueller Mobilität. Bei der gleich-zeitigen Urbanisierung in diesen Regionen explodiert der innerstädtische Strassenverkehr und führt häufig zu chaotischen Verhältnissen. Viele dieser Metropolen leiden unter Dauersmog, so dass mittlerweile der Druck zu mehr umwelt-freundlichen Lösungen von diesen Ländern ausgeht. China ist längst in vielen Bereichen der Umwelttechnologie und erneuerbaren Energien eine treibende Kraft und, was die Elektromobilität anbelangt, mittlerweile weltweit führend.

Quelle: Center of Automotive Management

2017 lag der Anteil bei den neuzugelassenen Fahrzeugen mit batterieelektrischem oder Hybrid-antrieb gerade mal bei knapp 2%. Interessant ist, dass diese Quote praktisch rund um den Globus nahezu identisch ist. In China lag sie mit 2,7% darüber, in Deutschland und den USA mit rund 1,6% etwas darunter. Diese Zahl erscheint vor dem Hintergrund der Medienpräsenz der neuen Antriebstechnologien verschwindend gering. Eine andere Wirkung erhält sie jedoch, wenn die Wachstumsraten und Prognosen für die nächsten Jahre betrachtet werden. Im Jahr 2017 erhöhte sich die Quote der neuzugelassenen Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien (Elektro, Hybrid und Brennstoffzelle) um 60%, bis 2020 soll der Gesamtanteil auf 3-6% steigen und bis 2025, so die Prognosen, könnte der Anteil an alternativen Antrieben bei Neuzulassungen bei 12.5-25% liegen. Schätzungen gehen sogar so weit, dass bis 2030 rund 40% der Fahrzeuge alternative Antriebsarten haben werden.

Auch die CO2-Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen drängen die Automobilhersteller, die Quote der durch Elektro und Hybrid angetriebenen Fahr-zeuge in ihrer Modellpalette mittelfristig auf mindestens 25% zu erhöhen.

In vielen Ländern wird der Kauf eines Wagens mit Elektroantrieb staatlich gefördert. In China geht das so weit, dass beispielsweise in Peking Neuzulassungen mit elektrischer Antriebstechnologie so-fort erfolgen und traditionell angetriebene Fahrzeuge nur über ein spezielles Losverfahren eine Zulassung erhalten. Auch China subventioniert den Kauf eines Elektroautos massiv und hat als Ziel ausgegeben bis 2025 die Quote der elektronisch angetriebenen Fahrzeuge auf mindestens 20% zu erhöhen. Mit dieser Strategie verfolgt das Reich der Mitte nicht nur umweltpolitische Ziele. Vielmehr steckt ein Masterplan dahinter, der China in Sachen Umwelttechnologie und E-Mobilität zum Weltmarktführer aufsteigen lassen soll. Ganz nebenbei würde bei der Realisierung dieser Ziele auch die Abhängigkeit von Energieimporten zurückgehen.

Zwei Erkenntnisse ergeben sich aus den vorstehenden Daten und Prognosen

Die Verbrennungsmotoren behalten noch eine gewisse Zeit die Oberhand in unserem Strassenbild. Das bedeutet, dass ein Abgesang auf die traditionellen Autohersteller noch verfrüht ist. Aber neben der Hybridtechnologie, die oftmals in den bestehenden Modellreihen integriert wird, arbeiten die grossen deutschen Autobauer mit Hochdruck an neuen, rein batterieelektrisch angetriebenen Modellreihen. Die ersten Modelle sind bereits verfügbar. Der grosse Markteintritt mit entsprechenden Volumenmodellen wird aber erst ab 2019 erfolgen. Die Sorge ist gross, dass man den «Zug» verpassen könnte!

Denn die zweite Erkenntnis ist, dass der Markt für diese Antriebsklasse bis 2025 auf bis zu 25 Mio. Einheiten jährlich wachsen wird. Diesen Markt allein den neuen Playern wie Tesla oder der asiatischen Konkurrenz zu überlassen, wäre der Niedergang der deutschen Automobilindustrie.

Dass es tatsächlich zu diesem Wachstum kommen wird, ist im Wesentlichen der technologischen Entwicklung der Batterieaggregate zu verdanken. Ne-ben der Reichweitenerweiterung auf über 400 Kilometer mit einer Vollladung ist die Möglichkeit der schnellen Aufladung dieser Batterien bahnbrechend. An Schnellladesäulen können die Batterien mittlerweile in wenigen Minuten teilgeladen und in weniger als 30 Minuten vollgeladen werden.

Nun kommt die E-Mobilität ins Spiel

Ein Elektroauto allein verändert unsere Gewohnheiten nicht. E-Mobilität bedeutet viel mehr, nämlich, dass Komponenten miteinander kommunizieren und vernetzt werden.

Fundamental für die E-Mobilität ist, dass ein flächendeckendes Netz an Ladestationen aufgebaut wird. Derzeit gibt es in Deutschland knapp 100 Schnellladestationen an Autobahnraststätten. Bis Ende 2019 sollen es 1.000 sein. Europaweit sind mehr als 10.000 Stationen erforderlich. Dann wäre im Radius von 50 – 100 Kilometer eine Ladestation erreichbar. Plant der Fahrer nun eine längere Tour, so wird die neue Generation der Navigationssysteme die Route unter Berücksichtigung vom Ladezustand der Batterie mit Zwischenstopps zum Nachladen berechnen. Vorstellbar ist auch, dass in Echtzeit die Verfügbarkeit bzw. die Auslastung der Ladestationen eingerechnet wird und so möglichst effizient je nach Erfordernis eine Ausweichroute erstellt wird. Apropos neue Navigation. Die führen-den deutschen Automobilhersteller arbeiten in einem Joint Venture mit Hochdruck an einer hochauflösenden Strassenkarte. Dazu haben Audi, Mercedes und BMW 2015 den Kartendienst Here von Nokia übernommen. Technologisch wird in diesem System in mehreren Schichten das Strassennetz abgebildet. Eine Schicht enthält topografische Informationen, eine weitere das spurgenaue Strassennetz und eine andere Schicht beinhaltet Informationen wie Verkehrszeichen. Hochauflösend bedeutet in diesem Zusammenhang, dass

Taxifahrerdemo gegen UBER bei der NOAH2018

die Position eines Fahrzeugs auf weniger als 30 cm genau bestimmt werden kann. Heutige Systeme zeigen den Standort mit einer Genauigkeit von 10 Metern an. Während anfänglich rund 400 Fahrzeuge mit entsprechender Technologie an Bord die Strassen rund um den Globus abfahren und so die Umwelt kartographieren, wird das Kartenmaterial zukünftig über vernetzte Fahrzeuge aktuell gehalten. Dann werden neue Verkehrssituationen quasi in Echtzeit eingelesen. Eine neue Verkehrsführung, temporäre Behinderungen und der Verkehrsfluss fliessen dann in die Navigation ein. All dies geschieht als Vorbereitung auf das autonome Fahren. Mit diesen detaillierten Informationen lässt sich das Fahrzeug punktgenau steuern. Sensoren, Kameras und Radar rund ums Fahr-zeug angebracht, erfassen die Verkehrssituation und befüllen eine Datenbank, aus der dann wiederum relevante Daten an andere Fahrzeuge bereit-gestellt werden. Dank der künstlichen Intelligenz der Systeme lernen diese, Verkehrssituationen richtig einzuschätzen. So kann der Verkehrsfluss weiter optimiert und der Individualverkehr sicherer gemacht werden.

Aber wie ordnet und sortiert man Innen-städte vor dem überbordenden Verkehrs-aufkommen?

Die diskutierten Fahrverbote sind hier nur die Spitze des Eisberges. Natürlich wird darüber diskutiert, die Innenstädte vom Individualverkehr zu befreien. Dazu bedarf es aber vielerorts eines besseren Services des öffentlichen Nahverkehrs. In Hamburg wird die Busflotte der Hamburger Hoch-bahn von rund 1.100 Fahrzeugen ab Ende des Jahres sukzessive auf Elektrobusse umgestellt. In einem weiteren Pilotprojekt kann der Fahrgast via App seine gewünschte Route eingeben. Ein Sammeltaxi fährt die Strecke ab und nimmt weitere Fahrgäste mit ähnlicher Route auf. Internetbasierte Dienste wie Uber oder MyTaxi sorgen für eine komfortable Beförderung. Zu beobachten ist auch das erhöhte CarsharingAngebot in Europas Metropolen. Per App sucht der Nutzer sich einen Fahrzeugtypen aus, beispielsweise für den sommerlichen Tagesausflug das Cabrio oder für den Transport der getätigten Einkäufe den geräumigeren Kombi. Die App zeigt ihm dann den nächsten Standort des gewünschten Fahrzeugs, meist nur wenige Gehminuten entfernt. Mit dem Smartphone erhält er auch den Zugang zum Fahrzeug und nach getätigter Fahrt kann das Fahrzeug an anderer Stelle wieder abgestellt werden. In vielen Städten sind für CarsharingFahrzeuge separate Stellflächen reserviert, sodass die lästige Parkplatzsuche entfällt.

Stichwort Parkplatzsuche

Zuvor wurde bereits auf die umfangreiche Datensammlung im Zusammenhang mit dem autonomen Fahren hingewiesen. Schon heute ist vorstellbar, dass Sensoren auch den Strassenrand scannen und so freie Parklücken erkennen und diese Information an Fahrzeuge weitergeben, die in dieser Umgebung ihr Ziel definiert haben.

Carsharingflotten erobern die Innenstädte

In Hamburg wird das erste „autonome“ Parkhaus getestet. Der Halter stellt sein Fahrzeug an der Einfahrt ab, danach sucht es sich selbständig seine Parklücke. Die Kapazität des Parkhauses wird so um 10-20% erhöht, denn das raumgrei-fende Ein- und Aussteigen entfällt.

E-Mobilität ist nicht allein auf den Antrieb des Fahrzeugs begrenzt. Vielmehr beschreibt sie die Vernetzung und den Austausch von Daten verschiedener Komponenten untereinander. E-Mobilität hat zum Ziel, die Effizienz und Sicherheit im Strassenverkehr zu erhöhen. Klar ist auch, dass dies keine Visionen sind. Wir befinden uns schon heute mitten in der Phase des Umbruchs, anderen Ende Alltagsgewohnheiten aufgrund des technologischen Wandels verändert werden.

Daraus ergeben sich auch interessante Möglichkeiten für Kapitalanleger. Nicht nur Technologie-werte sollten von dieser Entwicklung profitieren. Insgesamt erscheinen Investitionen rund ums Thema beispielsweise in den Bereichen China, Automotives, Batterie- und Brennstoffzellentechnologie und selbst die traditionellen Automobilhersteller interessant.

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